Über die flüchtigen Formen des Glücks

David Lynch, 64, US-Regisseur, praktiziert seit langem Transzendentale Meditation. Ein schnelles Gespräch über die Technik, die seinen Geist entschleunigt. Erschienen im Greenpeace Magazin, 2010.

lynch

Mr. Lynch, haben Sie heute schon meditiert?
Ja. Ich meditiere seit 37 Jahren zweimal am Tag jeweils 20 Minuten.

Wie sind Sie zur Meditation gekommen?
Es gab Phasen in meinem Leben, in denen es mir zwar materiell gut ging, ich aber eine innere Leere und Unzufriedenheit verspürte. Damals rieten mir Freunde Dinge wie „Die Quelle für wahres Glück liegt in dir“, aber keiner konnte sagen, wie ich dorthin gelange. Dann brachte mich meine Schwester zur Transzendentalen Meditation nach den Lehren des Yogis Maharashi Mahesh. Seitdem versuche ich, während jeder Übung meinen Geist in einen mühelosen Zustand zu versetzen, den Gedankenstrom zu stoppen und in Kontakt mit meinen positiven Eigenschaften zu kommen.

Was passiert, wenn Sie das erreicht haben?
Meditation ist eine lebenslange Übung, der man regelmäßig nachkommen muss. Irgendwann führt sie dazu, dass man den Reichtum erkennt, den man in sich trägt, und zu ihm hindurchdringt. Die Transzendentale Meditation hilft mir, aus diesen Quellen zu schöpfen.

Als Regisseur haben sie finstere Filme wie „Eraserhead“, „Blue Velvet“ und „Wild At Heart“ inszeniert. Welche Ihrer Abgründe kompensieren Sie durch Meditation?
Die Filme sind Kunst und stellen den Schrecken dar, der sich unter der Oberfläche verbirgt, den Menschen aber meist übersehen, weil sie sich lieber mit oberflächlichen Dingen beschäftigen. Ich bevorzuge es, dem Übel auf den Grund zu gehen. Und ich setze mich dafür ein, das Leben der Menschen durch Meditation zu verbessern.

Vor fünf Jahren haben Sie die David Lynch Foundation gegründet. Warum?
Meditation steigert Konzentration, Motorik und Empathie, sie mindert Angst, Stress und Bluthochdruck. Die Stiftung hat Projekte gefördert, in deren Folge sich inzwischen 150.000 Schüler in den USA zweimal täglich 20 Minuten in Transzendentale Meditation versenken. Sie finanziert Meditationskurse für traumatisierte Kriegsveteranen und fördert Projekte in Lateinamerika, Afrika und Europa. In gewisser Weise hilft unsere Stiftung Menschen bei ihrer Suche nach dem Glück.

Und wie geht das genau?
Mir selbst hat die Meditation gezeigt, dass es flüchtige Formen des Glücks gibt. Geld, Erfolg und Anerkennung geben einem für kurze Zeit das Gefühl von Zufriedenheit. Diese Formen des Glücks sind vergänglich, weil sie von äußeren Bedingungen abhängen, die unstet sind. Ein banales Beispiel: Sie kaufen sich ein neues Auto. Das macht sie glücklich. Morgen hat es schon eine Beule und sie ärgern sich darüber.

Welche Art des Glücks ist denn stabil?
Weil die Dinge, die uns umgeben, einem ständigen Wandel unterzogen sind, kann die Quelle für anhaltendes Glück nicht außerhalb von uns liegen, sondern muss in uns selbst sein: Diese Quelle versiegt nie, sie ist immer vorhanden. Meditation hilft, sie zu entdecken. Intelligenz, Kreativität, Liebe und Energie sind Fähigkeiten, die
jeder von uns in sich trägt und die uns Glück bescheren, wenn wir sie für uns und zum Wohle anderer einsetzen. Wer sich durch Meditation auf die Reise in sein Inneres macht, wird irgendwann auf diese Quellen stoßen.