„Marokko? Sieht mich nicht wieder.“

David Fedele hat zehn Wochen in den Bergen von Gougourou gelebt, im Grenzgebiet Marokkos zur spanischen Exklave Melilla. Sein Film The Land Between zeigt das Leben dort lebender Migranten, die auf dem Sprung über den Grenzzaun nach Europa sind. Erschienen im Greenpeace Magazin, 2016.

Herr Fedele, wie lange haben Sie sich für die Dreharbeiten in Gourgourou aufgehalten? Ich war zehn Wochen vor Ort und habe teilweise mit den Migranten gelebt. Das war nicht einfach, weil immer wieder marokkanische Grenzschutzbeamte durch das Gebirge ziehen und die Zeltdörfer zerstören, Leute verscheuchen, teilweise auch verprügeln und bestehlen. Die Menschenrechte sind dort aufgehoben.

Wieviele Menschen leben in den selbsterrichteten Flüchtlingslagern? Das ist schwer zu sagen, weil ich nicht den gesamten Gebirgszug durchwandert habe. Außerdem kommen ständig neue Menschen hinzu, andere wandern ab. Es gibt mehrere Lager. Meine Dreharbeiten beschränkten sich auf ein einziges. Es hat einige Zeit gedauert, bis die Menschen mir dort vertrauten und ich filmen konnte. Vielleicht haben sich dort damals einhundert Menschen aufgehalten, darunter viele Frauen und Kinder.

Die Menschen leben in Zelten, unter selbstgebauten Verschlägen oder in provisorischen Unterbringungen, die andere hinterlassen haben. Ja. Es ist menschenunwürdig. Um frisches Wasser zu beschaffen, muss sie einen Fußmarsch von rund eineinhalb Stunden zum nächsten Dorf hinter sich bringen, um es dann wieder zurück ins Gebirge zu tragen. Ich schätze, es haben sich während meiner Dreharbeiten insgesamt 700 Flüchtlinge in Gourgourou aufgehalten.

In einer Filmszene unterhalten sich zwei Afrikaner, die dabei Schuhe reparieren. Den Untertiteln ist zu entnehmen, dass die beiden Sie, der sie gerade filmt, für jemanden halten, der mit ihrem Leid Geld verdienen will. Es ist eine der vielleicht stärksten Momente des Films. Ich habe damals einen Übersetzer dabei gehabt, der aber in diesem Moment nicht bei mir war. Ich habe die beiden Männer gefilmt, aber nicht verstanden, worüber sie reden. Erst drei Monaten später, als ich im Schnitt saß, habe ich erfahren, was die Männer von mir gehalten haben (lacht). Ich habe gehört, dass einer der beiden inzwischen in Deutschland lebt.

Wer hat Ihren Film finanziert? Ich selbst. Ich musste die Dreharbeiten aber nach zehn Wochen abrupt abbrechen, nachdem wir von der Grenzpolizei verhaftet wurden und sie uns zu verstehen gab, dass wir „unerwünschte Personen“ seien. Dann warfen sie uns aus dem aus dem Land würde und sagten uns, dass wir nie wieder nach Marokko zurückkehren sollen. Und wissen Sie was? Das taten wir dann auch. Ich war sowieso finanziell am Ende, und auch körperlich und mental. Marokko? Es wird mich nicht wiedersehen.

Info: The Land Between, Australien 2014, Produktion, Regie, Vertrieb: David Abele, http://www.thelandbetweenfilm.com