
Lange hat der Bürgerrechtler Sombath Somphone dem kommunistischen Laos gedient. Dann wehrte er sich gegen den Bau eines Staudamms und den Ausverkauf seines Landes. Plötzlich verschwand er spurlos. Erschienen im Greenpeace Magazin, 2013.
Am Abend des 15. Dezember vergangenen Jahres fährt Sombath Somphone in seinem Auto über die Thadeau Road nach Hause. Er gehört zu den im Ausland bekanntesten Aktivisten Laos. Sombath stammt aus bäuerlichen Verhältnissen. Er hat auf Hawaii studiert und setzt sich seit mehr als 30 Jahren für die Rechte der laotischen Bauern ein. Im Jahr 1996 hat er das Participatory Development Training Centre (PADETC) gegründet, eine Organisation, die Jugendliche aus ländlichen Gebieten dazu ausbildet, nachhaltige Landwirtschaft zu betreiben. Für seine Arbeit wurde Sombath deshalb 2005 mit dem Ramon Magsaysay Award for Community Leadership ausgezeichnet, einer Art asiatischem Friedensnobelpreis.
Seine Ehefrau Ng Shui Meng erwartet ihn wie immer gegen 19 Uhr zu Hause. Vor dem Gebäude der indischen Botschaft wird der 62jährige Aktivist aber von der Polizei aufgehalten. Wie viele Straßen und Plätze der laotischen Hauptstadt Vientiane wird auch die Thadeau Road von Kameras überwacht. Aufnahmen, die im Internet kursieren, zeigen, wie Sombath aus seinem Wagen steigt und mit den Polizisten spricht. Dann fährt eine Person auf einem Motorrad heran, hält auf dem Bürgersteig, steigt in Sombaths Jeep und fährt davon. Kurze Zeit später hält ein weiteres Auto und nimmt alle Personen mit. Die Bilder sind unscharf, aber offenbar steigt auch Sombath in dieses Auto. Zur gleichen Zeit versucht seine Ehefrau, ihn telefonisch zu erreichen.
Als sie sich besorgt an die Behörden wendet, erklären Beamte, sie wüssten nicht, wo ihr Mann sei. Vielleicht, sagen sie, sei er einer privaten Fehde wegen entführt worden. Das ist bis heute die offizielle Version der Regierung. Laos gehört formal zu einer der letzten kommunistischen Bastionen der Erde. Die Laotische Revolutionäre Volkspartei regiert den Einparteienstaat seit 1975. Auch Sombath ist Mitglied der kommunistischen Partei. Sein Verhältnis zur Regierung war gut. Er hat seine Arbeit stets mit ihr abgestimmt, hat seine Ehefrau in einem Interview gesagt. Er habe Prostatakrebs, brauche täglich Medikamente. Sie mache sich große Sorgen.
Sombath war kein Dissident. Im autoritären Laos konnte er Dinge bewegen, gerade weil er sich nicht offen widersetzte. Zuletzt aber hatte er sich mehrmals gegen den Bau des XayaburiStaudamms am Mekong ausgesprochen. Es ist eines der Mammutprojekte, die Laos zu einem der größten Energielieferanten Asiens machen sollen. Er hat sich auch gegen den Ausverkauf unseres Landes gewehrt, sagt ein laotischer Regierungsberater, der nicht namentlich genannt werden will. Chinesische Unternehmer kaufen immer mehr Land, um Gummibaumplantagen anzulegen, auf denen sie chinesische Arbeiter beschäftigen. Laotische Bauern werden selten fair entschädigt. Wenn das so weitergeht, sind die Laoten in zehn Jahren Mieter ihres eigenen Landes, sagt der Berater. Er glaubt, Sombath sei deshalb von der chinesischen Landraubmafia entführt worden. Dies könne aber nicht ohne Unterstützung durch den laotischen Geheimdienst geschehen sein.
Inzwischen haben Hillary Clinton und das EU-Parlament die laotische Regierung aufgefordert, den Fall aufzuklären. Mitarbeiter von Sombath rufen im Internet dazu auf, nicht nur dem Premierminister persönlich zu schreiben sie haben auch die Telefonnummern aller Delegierten der Nationalversammlung veröffentlicht und regen zu SMS-Protesten an.
ZUR PERSON
Sombath Somphone, 62, ist der Älteste von acht Geschwistern einer Bauernfamilie. In den 70erJahren studierte er Agrarwirtschaft an der Universität von Hawaii. Nach der kommunistischen Revolution 1975 kehrte er nach Laos zurück und lehrte an seinem Institut PADETC Methoden der nachhaltigen Landwirtschaft. Das Zentrum war lange Zeit die einzige Nichtregierungsorganisation dieser Art in Laos.
WEITERES:
http://www.sombath.org
http://www.facebook.com/findsombatsomphone?fref=ts